Ich war also heute mit zwei Freundinnen in einem Studio nur für "Ladies mit Lifestyle" (huhuhuuu) zum "Power Plate"-Probetraining.
Naaaaja. Was soll ich euch sagen. Meins war das absolut nicht!
Ich hatte schon so meine Befürchtungen gehabt, wollte mir aber doch ein "fundiertes" Urteil bilden ;o)
Beim Reinkommen wurde ich von einem schicken, wasserstoffblonden Fräulein auf das Herzlichste begrüßt und durfte gleich mal bei ihr Platz nehmen, um einen Fragebogen auszufüllen.
Geburtsdatum, Telefonnummer und volle Adresse hab ich mir gespart - mir war schon vorher klar, dass ich keinen Vertrag abschließe, jedenfalls nicht sofort. Hätte es mir super gefallen, hätt ich's mir vielleicht noch überlegt, später mal einen 3-Monatsvertrag abzuschließen. Das war aber
wie geahnt nicht der Fall.
Auf dem Fragebogen musste ich dann noch angeben, ob ich "Ziele" habe und welche das sind. Vorgeschlagen war dann gleich ein leeres Feld mit kg dahinter. Danach zur freien Auswahl: Bauch, Beine, Po, straffere Haut und gesunder Rücken. Ich gab mein bekanntes 10-kg-Ziel und Bauch an. Beine und Po sind bei mir soweit o.k. und wenn ich mit Sport abnehme, gehe ich davon aus, dass es auch den nicht-speziellen Problemzonen guttut.
Das schicke Fräulein fragte aber doch ausführlichst nach, ob ich denn nicht auch lieber schlankere Beine und Po und bessere Haut und einen gesunden Rücken hätte. No na net. Wurde also auch noch eingekringelt.
Der letzte Punkt war dann noch: Was sind sie bereit für ihre Ziele zu tun? Ich hatte geschrieben: viel - Flugs fügte sie noch "2mal 20 min pro Woche" ein. Schön, dass das schicke Fräulein mich sooo gut kennt!
Dann durfte ich mich umziehen und anschließend zeigte mir das schicke Fräulein die berühmte "Kraft-Platte". Schaut so ähnlich aus wie eine überdimensionale Apothekenwaage mit Griffen, wobei die Trittfläche auf Knopfdruck zu vibrieren beginnt.
Dann durfte ich auf Geheiß des schicken Fräuleins verschiedene Körperhaltungen einnehmen, entweder auf der Platte stehend oder knieend oder mich mit den Händen drauf abstützend. Hatte ich mich korrekt platziert, wurde für 30 Sekunden die Vibration eingeschaltet. Das war doch um einiges anstrengender als erwartet. Und zugegeben, das schicke Fräulein fragte nicht nur in regelmäßigen Abständen artig nach, ob ich das Ganze eh super finde - Nein! - sie korrigierte auch meine Haltung ganz genau, damit ich möglichst viel Kraft aufwenden muss und mir trotzdem nicht die Gelenke usw. ruiniere. Das war ein Pluspunkt. Na sagen wir zwei, wegen der Anstrengung.
Nach ca. 10 min durfte ich mich dann noch zur Entspannung und Massage des Bindegewebes in bequemere Stellungen begeben, wobei ich auch dabei das Vibrieren als nicht wirklich angenehm empfand. Dem schicken Fräulein gegenüber heuchelte ich schon nicht mehr so enthusiastisch Gefallen.
Nachdem ich mich wieder umgezogen hatte - für das bissl Warmwerden zahlt sich das gar nicht aus - wurde ich zum nächsten Gespräch beordert.
War klar, jetzt war ein Abschluss fällig. Das schicke Fräulein zeigte auch geschulte Vertreterqualitäten und versuchte mich mit der richtigen Kommunikationstechnik zu
ihrem Ziel zu bringen.
"Gell, das hat dir jetzt gefallen?" und nahezu ohne Überleitung: "Du machst dann auch nur jede Woche 2mal 20 Minuten und ich zeig dir jetzt mal unser Angebot." Die Anmeldegebühr (nötig, weil ja immer ein "Trainer" im Studio ist) von € 150,- ist aufgrund einer Aktion derzeit auf nur € 40,- begrenzt und dann kostet es dich beim 12-Monats-Vertrag auch nur € 9,90 in der Woche. Ein Schnäppchen!
Hatte ich mir bisher alles freundlich angehört, war jetzt der Zeitpunkt der Wahrheit gekommen. "Ähm, ich möchte jetzt keinen Vertrag abschließen..."
Nun kam der Fragebogen vom Anfang wieder ins Spiel und wurde mir demonstrativ unter die Nase gehalten: "Und was ist mit deinem Ziel?!?!"
"Das werd ich erreichen!" war meine selbstbewusst vorgetragene Antwort. Dann erklärte ich auch noch
einen Teil meine Gründe abseits der Kostenfrage
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Noch während ich diese ausführte, unterbrach mich das schicke Fräulein - nun nicht mehr so herzlich - mehrmals mit einem eingeschnappten "Passt schon." und ließ mich gleich darauf allein sitzen, um sich hinter ihren Computer zu begeben.
Während ich auf meine Freundinnen wartete, würdigte sie mich keines Blickes mehr.
Und auch bei der Verabschiedung wurde ich als einzige nicht mehr gegrüßt. Das fand ich dann doch ein bissl heftig. Wenigstens ein paar Minuten hätte das schicke Fräulein die Posse schon noch weiterspielen können finde ich!
*
- Ich bin von der Effizienz der Geschichte nicht überzeugt. Ja, es ist anstrengend. Ja, die Muskelspannung ist da. Dasselbe kann ich aber vermutlich auch zuhause erreichen, wenn ich Übungen nur mit meinem Körpergewicht mache. Oder eben im Fitnessstudio an den üblichen Geräten.
Wie mittlerweile üblich, hab ich zu Dokumentationszeiten meine Pulsuhr mitlaufen lassen.
In 12 min "Training" hab ich volle 69 kcal verbrannt und war ganze 4 Minuten in der beim Walken üblichen Pulszone.
Ich wage somit zu behaupten, dass ich am Weg von und zur U-Bahn mehr Fett vernichtet habe als bei diesem ganzen Gedöns. Und das soll 1 Stunde Krafttraining ersetzen?
- Die Flexibilität fehlt mir auch. Ich möchte spontan bei Regen ins Studio ausweichen können.
Oder auch mal am Wochenende, wenn's mich freut. Oder mittags, ich hab sehr flexible Arbeitszeiten.
Oder vielleicht auch ein Training nach 20 Uhr? Wer weiß?
- Der überzeugendste Grund: Ich hab mich nicht wohlgefühlt.
Ich hatte von Anfang an dieses typische Franchise-Unternehmen-Sekten-Gefühl, kennt ihr das?
Wenn man genau weiß, hier wird dir jetzt alles super schön geredet und das nur mit dem Ziel, dass du dann unterschreibst und dein Geld hierlässt.
Wenn du das tust, wirst du in die Familie aufgenommen und alles ist Friede, Freude, Eierkuchen.
In normalen Studios will man natürlich auch mein Geld. Ich kam mir aber immer noch "echter" behandelt vor.
- Als Draufgabe noch, dass mir dieses Vibrationsgefühl und die statische Haltung sehr unangenehm waren. Ich mags lieber etwas dynamischer, mit Power-Musik oder so. Ganz ohne Vibrieren ;o)
Wow, was für ein langer Bericht! Wer hätte gedacht, dass man knappe zwölf Minuten so ausdehnen kann, haha!
Wieder zuhause wollte ich mich noch etwas schlauer machen und habe folgenden
Bericht eines Sportwissenschafters gefunden.
Fazit: Ja, Vibrationsgeräte machen Sinn. Aber nur, wenn die Frequenz immer wieder wechselt, sonst gewöhnt sich der Körper schnell daran und es gibt keine Leistungssteigerung mehr. Diesen Frequenzwechsel bieten aber nur die Geräte, die in der Rehabilitation (z.B. bei Alzheimer, Parkinson und anderen bewegungseingeschränkten Patienten) und bei Leistungssportlern zur Verbesserung der Koordination eingesetzt werden. Diese Geräte arbeiten auch mit niedrigen Frequenzen. Power Plate & Co. arbeiten aber mit hochfrequenten Schwingungen, die sogar schädlich sein können (Vergleich Presslufthammer). Herkömmliches Fitness- und Ausdauertraining ersetzen sie sowieso nicht, geeignet sind sie zum Aufwärmen, zur Steigerung der Beweglichkeit und Dehnung. Immerhin etwas.